Die Managerhaftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) steht vor großen Herausforderungen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) meldet alarmierende Zahlen: Zum dritten Mal in Folge steigen die Schäden deutlich – und diesmal besonders stark. Während die Beitragseinnahmen nahezu stagnieren, explodieren die Schadenaufwendungen förmlich.

Schadenentwicklung 2024
Die Zahlen für 2024 sprechen eine deutliche Sprache: Die Versicherungsfälle stiegen um knapp zwölf Prozent auf rund 2.500. Noch gravierender fällt die Entwicklung beim Schadenaufwand aus – dieser schnellte um 27 Prozent auf 285 Millionen Euro nach oben. Jeder einzelne Schadensfall kostet die Versicherer im Durchschnitt mehr als 115.000 Euro, ein Plus von fast 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Besonders problematisch: Während sich die Schäden nahezu verdoppelt haben, legten die Beitragseinnahmen lediglich um 1,5 Prozent auf 498 Millionen Euro zu. Die Geschäftsjahres-Schadenquote kletterte um rund zehn Prozentpunkte auf gut 57 Prozent. Diese Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben bereitet der Branche erhebliche Sorgen.
Ursachen der Entwicklung

Die dramatische Entwicklung hat mehrere Ursachen. An vorderster Stelle steht die schwierige wirtschaftliche Lage in Deutschland. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist im ersten Halbjahr 2025 um zwölf Prozent auf über 12.000 gestiegen. Insolvenzverwalter gehen regelmäßig mit hohen Schadensersatzforderungen gegen Geschäftsführer und Vorstände vor – mit entsprechenden Folgen für die D&O-Versicherer.
Hinzu kommen immer strengere gesetzliche Vorgaben. Manager tragen heute eine deutlich höhere persönliche Haftung als noch vor wenigen Jahren. Wer kein funktionierendes Compliance-System etabliert hat, haftet persönlich für die Folgen. Neue Regelungen zur Informationssicherheit, etwa die europäische NIS-2-Richtlinie, verschärfen die Situation zusätzlich und bergen weitere Haftungsrisiken für Führungskräfte.

Die Experten erwarten, dass beide Trends – steigende Insolvenzen und wachsende Compliance-Pflichten – anhalten werden. Die Versicherer rechnen daher mit weiter steigenden Schadensersatzforderungen in den kommenden Jahren.

Drohende Großschäden
Als wären die aktuellen Zahlen nicht besorgniserregend genug, drohen der Branche weitere massive Belastungen. Der Bundesgerichtshof hat kürzlich den Vergleich im VW-Dieselskandal gekippt. Mit 270 Millionen Euro handelte es sich bereits um den teuersten Managerhaftpflichtschaden in der deutschen Geschichte. Da der Vergleich nun neu verhandelt werden muss, dürfte die finale Summe noch deutlich höher ausfallen.
Doch damit nicht genug: Gleich mehrere weitere Großfälle könnten zu erheblichen D&O-Schäden führen. Eine mögliche Aktionärsklage gegen die Deutsche Telekom in den USA steht im Raum. Die spektakuläre Pleite des Immobilieninvestors René Benko könnte ebenso Folgen haben wie der Greensill-Skandal, der bereits mehrere Unternehmen in Mitleidenschaft gezogen hat.
Die D&O-Versicherer sehen sich damit vor schwierigen Zeiten. Zuletzt waren die Prämien für Managerhaftpflicht-Deckungen wieder gesunken. Angesichts der aktuellen Schadenentwicklung und der drohenden Großschäden könnte diese Phase günstiger Preise bald wieder ein Ende finden. Unternehmen und ihre Führungskräfte sollten sich auf höhere Kosten für ihren Versicherungsschutz einstellen.