Der Kläger, der Inhaber einer Fleischerei ist, unterhielt bei der Versicherung eine Betriebshaftpflichtversicherung. In dem Versicherungsschein waren als „Betriebsart/ Betriebsbeschreibung“ die Begriffe „Fleischerei/Metzgerei/Schlachterei“ aufgeführt. Das versicherte „Betriebs- und Berufshaftpflichtrisiko“ wurde weiter wie folgt definiert: „für die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers aus seinen sich aus der Betriebsbeschreibung ergebenden Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten.“

Der Kläger begab sich zu einem Landwirtschaftsbetrieb, um dort einen Rinderbullen zu schlachten. Um das Tier zu betäuben bzw. zu töten, setzte der Kläger statt der mitgebrachten Bolzenschussgeräte eine ebenfalls von ihm mitgeführte und geladene Pistole ein, für die er keine waffenrechtliche Erlaubnis besaß. Nach dem Schuss auf das Tier steckte der Kläger die noch geladene Pistole in die Brusttasche seiner Jacke. Wenig später fiel ihm diese beim Bücken über das betäubte Tier aus der Tasche auf den Boden, wobei sich ein Schuss löste, das Projektil einen Beschäftigten des Landwirtschaftsbetriebs traf und diesen schwer verletzte. In dem Strafverfahren vor dem Amtsgericht wurde der Kläger wegen des Ausübens der tatsächlichen Gewalt und des Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie wegen der fahrlässigen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte sich auf die vertragliche Risikobegrenzung in Ziffer 1.8.1.1 ihrer allgemeinen Haftpflichtbestimmungen i.V.m. Ziffer 1.1.1 des Versicherungsscheins berufen könne. Die schadensverursachende Tätigkeit des Klägers gehöre nicht mehr zu dem nach diesen Klauseln versicherten Risiko. Der Kläger habe keine Konzession in Form eines Sachkundenachweises für die Betäubung eines Tiers durch einen Pistolenschuss gehabt. Ferner habe er keine waffenrechtliche Erlaubnis besessen. Das Mitführen und der Einsatz der Pistole seien daher keine Tätigkeiten gewesen, die dem Versicherungsschutz unterfallen würden.

Das OLG Jena gab dem Kläger mit seiner Berufung Recht. Das haftungsauslösende Tun des Klägers steht in einem inneren ursächlichen Zusammenhang mit seinem Betrieb, weshalb die Vertragsbestimmungen zu der Betriebshaftpflichtversicherung und nicht der Privathaftpflichtversicherung zur Anwendung kommen. Die Betäubung, Tötung und Schlachtung eines Rinds dienen offenkundig unmittelbar dem Betrieb einer „Fleischerei/ Metzgerei/Schlachterei“, so wie dieser in dem Versicherungsschein umschrieben wurde.

Von der Abgrenzung der Betriebshaftpflicht zur Privathaftpflicht ist die Frage zu unterscheiden, welches Risiko mit der Betriebshaftpflicht versichert ist. Für die Betriebshaftpflichtversicherung gilt der Grundsatz der Spezialität der versicherten Risiken. Die konkrete Beschreibung der betrieblichen Tätigkeit im Versicherungsschein ist also die primäre Risikobegrenzung des Haftpflichtrisikos. Zudem kann das versicherte Risiko auch sekundäre Begrenzungen im Rahmen von Ausschlussklauseln erfahren.

Zugleich sind bloße Hilfstätigkeiten, die dazu bestimmt sind, der versicherten betrieblichen Tätigkeit zu dienen, regelmäßig mitversichert. Dabei sind auch untypische Risiken, etwa Gewehrschüsse bei der Rattenjagd durch einen Bäcker oder das Vertreiben von Elstern durch einen Landwirt mit einer Schusswaffe von der Rechtsprechung als in der Betriebshaftpflichtversicherung mitversichert angesehen worden (OLG Hamm, Urteil vom 09.07.1975 – 20 U 262/70; BGH, Urteil vom 04.12.1958, VersR 1959, 42). Auf die Branchenüblichkeit der Gefahr kommt es nicht an. Ob die konkrete schadensauslösende Tätigkeit noch zum versicherten Risiko gehört, ist damit eine Frage der Auslegung des Versicherungsvertrags und der Versicherungsbedingungen, wobei unklare Beschreibungen zu Lasten des Versicherers gehen.

Es bestanden aus Sicht des Senats keine Bedenken, dass die Betäubung und Tötung eines Tiers zum Zweck der Schlachtung und Weiterverarbeitung sowohl aus objektiver und vorliegend auch aus subjektiver Sicht als Tätigkeiten anzusehen sind, die dem Betrieb eines Metzgers, Fleischers oder Schlachters zu eigen sind.

Der BGH hat die Tätigkeitskreise generell sehr weit gezogen und etwa in einer frühen Entscheidung (vgl. Urteil vom 04.05.1964 – II ZR 152/61) die Fahrradfahrt einer Metzgereiangestellten zu dem Zweck, eine Urlaubsvertreterin zu suchen, als versicherte Tätigkeit angesehen. Es komme nämlich nicht darauf an, ob es sich um eine typische Gefahrenlage handele, sondern ob diese Fahrt aus betrieblichen Gründen durchgeführt worden sei. Nicht umfasst sind nach der Rechtsprechung lediglich Handlungen aus Mutwillen, die nicht als für den Betrieb erbracht angesehen werden (z.B. Verletzung eines Angestellten durch Faustschlag, BGH, Urteil vom 17.01.1973 – IV ZR 146/71 -, Verletzung eines Arbeitskollegen mit einem Rapid-Hammer, BGH, Urteil vom 02.06.1976 – IV ZR 163/75). Bei Berücksichtigung des typischen Berufsbilds eines Fleischers, Metzgers oder Schlachters wird die Zuordnung zum Betrieb des Klägers bestätigt. Schließlich verfügte der Kläger auch über den Sachkundenachweis für die Betäubung und Entblutung von Rindern, dessen Erforderlichkeit sich aus Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates vom 24.09.2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung ergibt, auch wenn er die dort vorgenommene Beschränkung seiner Befähigung zum Schlachten auf eine bestimmte Vorgehensweise nicht beachtet hat.

OLG Jena, Urteil vom 26.07.2019 (4 U 50/19)